Workshop 2

Vollgeld. Warum dieses Modell derzeit den Dis-kurs bestimmt

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Manuel Klein (Student der Universität Gießen und Mitglied Monetative e.V.) über das Vollgeldkonzept

Im heutigen Geldsystem gebe es zwei getrennte Geldkreisläufe, den zwischen Zentralbanken und Banken (Reserven) und den zwischen Banken und Nicht-Banken (Giralgeld). Das Giralgeld sei kein gesetzliches Zahlungsmittel, sondern nur ein Anspruch auf dieses. Das Giralgeld sei trotzdem das Hauptzahlungsmittel, jede Bank schöpft eigenes Giralgeld. Dazu Klein: "Der Idealfall im heutigen Geldsystem ist, dass Banken das Geld zur Verfügung stellen, um wirtschaftliche Aktivitäten in der Realwirtschaft zu ermöglichen." In der Realität sei jedoch in der Vergangenheit der größte Teil des durch Banken geschöpften Geldes in bereits bestehende Werte (vor allem Immobilien) und nicht in die Realwirtschaft geflossen.

Klein weiter: "Der Versuch, durch die Ausweitung der Reservenmenge, die Kreditvergabe und also die Geldschöpfung der privaten Geschäftsbanken anzufeuern, scheitert weitestgehend. Denn die Banken haben kein Liquiditätsproblem, was durch eine Reservenbereitsstellung gelöst werden könnte, sondern ein viel tieferes Problem."

In der Vollgeldidee würde aus den getrennten Kreisläufen ein einziger Geldkreislauf, der alle Wirtschaftsteilnehmer umfasst. Die Zentralbank wäre die einzige Institution, die Geld schöpfen dürfte, orientiert am ungefähren Wirtschaftswachstum der Realwirtschaft. Das Parlament würde dann darüber entscheiden, wie dieses Vollgeld in Umlauf gebracht würde, z.B. über Staatsausgaben. Geldverwendung und Geldschöpfung wären dadurch stark getrennt.

Prof. Dr. Joseph Huber (Gründer Monetative e.V.)

"Insoweit mit dem Giralgeld System sich selbst nährende Finanzblasen erzeugt werden, insoweit ist dem Giralgeld System auch eine Schlagseite der Einkommensverteilung eingebaut, nämlich zugunsten von Zins- bzw. Finanzeinkünften zu Lasten der Arbeitseinkommen [...]."

"Man hat bei der Diskussion der ökologischen Frage die Frage gestellt, wieviel ist genug? Wieviel kann die Erde an Ressourcenverbrauch tragen? Hier kann man eine ähnliche Frage stellen. Wieviel Finanzvermögen und Schulden sind genug? Das Wievielfache der Wirtschaftsleistung kann eine intakte Wirtschaft tragen an Vermögen und Schulden. Das ist eine Frage, die von der Finanzwirtschaft bisher überhaupt nicht gestellt wird, die aber auf die Agenda muss."

"Wir haben durchaus bei einer Vollgeldreform das Problem, dass der große Vermögenstitel- und Schuldenüberhang zwar staatsseitig abgebaut wäre, aber nicht privat. In vielen Ländern Europas und in Amerika sind die privaten Schuldenstände noch viel höher als die staatlichen. Die Politik hat versäumt, eine Antwort darauf zu geben in Form einer ordentlichen Fiskalpolitik."

Thomas Jorberg (Vorstandssprecher GLS Bank) über Risikoaversität

"Ich bin überzeugt, wir brauchen eigentlich eher mehr als weniger Risiken im Finanzmarkt. Eines der größten Probleme, was wir im Moment haben in unserer Gesellschaft, ist die Risikoaversität im gesamten Finanzmarkt. Nämlich, dass viel zu wenig Geld dort geschöpft wird, wo wir neue Entwicklung in unserer Gesellschaft brauchen, unter Eingehung von Risiken.“